Darstellung einer Region durch die sie charakterisierenden Werkstoffe
Bernhard K. Glück & Gerhart Lampa
Motivation
Der Abbau und die Verarbeitung von Erzen, Tonen, Sanden in den vergangenen Jahrhunderten und vor allem die Gewinnung der Braunkohle haben in den zurückliegenden 150 Jahren der Lausitz zu wirtschaftlichen Wachstum und zum Teil gegenüber anderen Teilen Mitteldeutschlands zu überdurchschnittlichen Wohlstand verholfen. Als Preis für die bedeutenden Eingriffe in urbane Strukturen und ehemals intakte Landschaften hinterlässt der Bergbau vielschichtige Probleme gegenüber Mensch und Natur aber ebenso bedeutsame zukünftige Herausforderungen und Chancen. Darüber hinaus haben in der Vergangenheit weitere Industrien wie die Eisengewinnung und Verarbeitung in Lauchhammer oder Peitz, die Glasindustrie von Annahütte, Döbern oder Glashütte oder die Textilindustrie im Zusammenhang mit der Landwirtschaft (Leinen) die Kultur und Werte der Region nachhaltig beeinflusst. Wie auch immer, das Abbild von Mensch und Natur in der Lausitz haben sich über Generationen prägend geändert, geben neue Bilder, neue Gesichter, neue Farben, vollständig neue Landschaften und neue Werte. Gleich bedeutend ist die Suche aber auch die Bereitschaftsowohl der jüngeren als auch älteren Generationen zur regionalen Identifikation zu erkennen.
Es entsteht die Frage nach neuen Ausdrucksformen, nach neuen, bisher nicht genutzten gestalterischen Varianten als Resultat des Abbildes der bei Landschaft und Mensch vollzogenen und weiter stattfindenden Veränderungen. Es erscheint resultierend machbar, sich mit den neuen Bildernder Lausitz vermittels der von ihr selbst hervorgebrachten Werkstoffe und Abbilder bewusst auseinanderzusetzen und Symbiosen zu entwickeln.
Art Lausitz bringt als Werkstoffe der Lausitz und deren Motive zusammen. Eine Herausforderung, der sich der Künstler– in welcher laienhafter oder vollendeter Art und Weise auch immer – stellt. Die Idee dazu entstand beim Anblick der ockerfarbenen Gräben, im Senftenberger Revier um 1999. Ein erster Versuch mit dem Sallgaster Schloss im Sommer 2000 bestärkte die Richtigkeit dieses Ansatzes.
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Vision und Anliegen
Regional typische Rohstoffe werden zur Darstellung regionaler Abbilder bewusst eingesetzt.
Dies bedeutet z. B. eine kreative Auseinandersetzung mit den Themen
a) einheimische Rohstoffe
b) Zusammenhang von Natur der Lausitz und deren Farben
c) Mensch einer Region, also auch der „Lausitzer" ist geprägt von deren Farben, Landschaften und Formen
Die zu vermittelnde Botschaft bzw. Anliegen oder Ziel des Unterfangens sind:
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Mission „ART LAUSITZ"
Als „ART LAUSITZ" soll eine angewandte Form derbildlichen Darstellung unter Verwendung von in der Region Lausitz typischerweise vorkommenden Werkstoffen verstanden werden. Diese Naturstoffewie Ocker, Kreide, Kohle, Lein, u.a. sind geeignet, die Menschen und ihre Landschaft ihre Stimmungen und Farben markant abzubilden. Kriterien wie inhaltliche Akzeptanz, regionale Identifikation und vielschichtige Anwendung, ebenso wie die Beschränkung auf das Notwendige und Wesentliche, sind als Merkmale dieser Form der Darstellung besonders gewollt.
Es werden Abbildungen in Öl, Aquarell, Ei-Tempera und anderen Techniken in den Internet-Galerien und temporären Ausstellungen (s. Rubrik "Termine)" vorgestellt.
Konkrete Durchführungund inhaltlich-technische Aspekte
1.) Ansatz und gestalterische Zielstellung
Eine Landschaft oder geographische Region - sicher auch die dort lebenden Menschen - sind durch besondere Werkstoffe, Formen und damitFarben, resultierend Bildern gekennzeichnet. Bilder wie sich daraus ergebendeVorstellungen, die andererseits mit Farbstoffen einer bestimmten natürlichen Umgebung oder für eine Landschaft typisch vorkommend gefertigt sind, können die Stimmungen mittels der spezifischen farblichen Gestaltung besonders nachhaltigund damit besonders typisch ausdrücken. Es liegt in den Nuancen und der auchmöglichen Beschränkung der verfügbaren Farbstoffe nicht nur ein besonderer -für die Region - typischer Reiz bzw. Stimmungsbild, sondern auch eine Herausforderung an Kreativität, Improvisationsvermögen und inhaltlichen Anspruch. Im weiteren soll diese Vorstellung auf die Landschaft der Lausitz und der in dieser Region vorkommenden natürlichen Werkstoffe zur Anwendung kommen.
2.) Beispiele für Aquarell und Ölanwendungen
a) Aquarell- oder Temperamalerei mit Farbwerkstoffen der Lausitz
Farbwerkstoffe: Schwarz: Holzkohle gerieben (Ort: z.B. Finsterwalde)
Braunkohle, gemahlen; muss nicht unbedingt sehr fein sein, denn so eine Textur wirkt
Weiß: Kreide, gemahlen
Ocker: Eisenhydroxisulfat [1] (Ort: Grube Meuro u.a.)
Braun: Eisenhydroxisulfat mit hohem Eisenanteil [1] + Ton gebrannt, gemahlen
Braunkohle / Lignite gebrannt, gemahlen
Blau: s. Lausitzdruck? (noch offen; Färberraute?)
grün: (z. Z. noch nicht geklärt)
rot: (z. Z. noch nicht geklärt, ev. „Nochten Rot“)
Bindemittel: Eiweiß / Eitempera ev. Latex ähnliche Baumsäfte
Untergrund: Pappe, Papier
b) Ölmalerei mit Farbwerkstoffen der Lausitz, siehe Tabelle am Ende
Malmittel: Leinöl, Firnis (Rohstoff: Lein)
Malgrund: Kreide.
Malmittel: Leinöl, harzfrei, Leinölfirnis (zum Anreiben der Pulver)
Untergrund: Pappe, Leinwand Grundierung: Kreide
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Historie
Epilog 1: Meuro, 29.09.2000
Lieber Herr Lampa
Nach einigen Versuchen, die Grundstoffe zu erzeugen, zu trocknen, zu Zerkleinern, das Pigment zu gewinnen und brauchbare Farben mit Firnis, Leinöl zu mischen, wurde die erste Arbeit am 01.06.2000 begonnen (Schloss Sallgast) und in den laufenden Wochen fertig gestellt. Die langsame Trocknung des Leinöls ist zwar bekannt, aber dass es soviel Geduld braucht, eher nicht auch wenn Leinöl als Standöl bekannt ist... Nach zwei Monaten war noch nichts mit dem Schlussfirnis, also geduldig warten.
Wiesollte man das alles nennen? „Lausitz Art“, „Art Lausitz“ oder lieber Naturwerkstoff anwendung? Jedenfalls ist es machbar auch wenn die Mittel beschränkt sind, was auch eine Herausforderung darstellt. Vielleicht sehen Sie sich’s mal an, ob die Erstgeburt brauchbar erscheint und was technisch zu verändern wäre, außer meine nicht sonderlich geübten Hände.
Bester Gruß, Ihr BG
Epilog 2: Meuro, 29.11.2002
Lieber Herr Lampa, aus denMöglichkeiten zur Nutzung regional typischer Werkstoffe zur Bildgestaltung erschließt sich die Überlegung, inwiefern sich ein derartiges Projekt unter Mitwirkung geeigneter Bildungsträgern bzw. zusammen mit Interessenten verwirklichen lässt. Ziel ist dabei eine möglichst große Ausstrahlung des gestalterischen Inhalts mit Regionalbezug, die Entwicklung von Kreativität, der Umgang mit naturnahen Rohstoffen und die Entwicklung neuer Techniken.
Ich freue mich auf unser heutiges Treffen, um geeignete Wege zu diskutieren.
Mit besten Grüßen,
Nachsatz: Nun hat unser Treffen doch meine angefangene Einladung überholt. Um so mehr freue ich mich, dass Sie da sind und wir etwas „dichten" können, vorzugsweise mit Farbe und Gestalt im Sinn. So sind mir nun die Hausaufgaben auferlegt, unsere Überlegungen zusammenzufassen und zu einem Projekt zu formulieren, mit dem sich Mitstreiter gewinnen lassen. An Ihrer geschätzte Meinung ist mir sehr gelegen.
Ich lade Sie herzlich ein, die weiteren Schritte, besonders aber die Vorbereitung des ersten Projekts zu beraten und in Angriff zu nehmen. Bitte scheuen Sie sich nicht, Korrekturen vorzunehmen und mir zukommen zu lassen aber auch das nachfolgende Papier nacheigenem Gutdünken zu verwenden. Ihr BG
Epilog 3: Meuro, 19.11.2003
Lieber Herr Lampa, Nun ist ein Jahr vergangen. Im Sommer konnten wir eine erste Resonanz im Rahmen der vonIhnen geleiteten Projektwoche für die Kunstpädagogen der Gymnasien und Oberstufenzentren für unsere „ART LAUSITZ" wahrnehmen. Entscheidend und mit besonderer Freude konnten wir neben der offenen Annahme des Themasregistrieren, dass neue Darstellungsformen und Ideen - besonders durch Frau Pulver aus Spremberg - einfließen konnten. Mit der Galerie hat es gedauert, weil ja angeblich vieles wichtiger ist. Nun ist es aber soweit und wir wollen und gern der Diskussion stellen und die Sache weiter vorantreiben.
Mit besten Grüßen, Ihr BG
Epilog 4: Meuro, 20.4.2005
Lieber Gerhart, Soweit – sogut; es funktioniert und ich konnte einige Bilder zeigen. Handwerklich liegt natürlich die Kunst in der Beschränkung der Mittel. Bei den Ölfarben muss man sich ähnlich dem Aquarell verhalten – also vom Hellen ins Dunkle malen. Sonsthilft nur noch der Leinöl getränkte Lappen. So lange nicht zu dick aufgetragen wird, schrumpelt das Öl nicht. Dafür halt es Pigmente ganz gut und selbst Sandoder Kohlengries verfehlen ihre Wirkung nicht. Bei unserem gemeinsamen Ausflug auf die Wiese vor Klettwitz war’s ein Hochgenuss.
Vielen Dank!
Epilog 5: Claix, 16.08.2007
Lieber Gerhart, in diesemJahr ist nicht viel passiert. Allerdings die halbe Wahrheit, denn in Claix habeich fast jeden Tag eine Skizze oder ein komplettes Aquarell neben den Vorlesungen, etwas Rad fahren und restlichen Hausaufgaben aus der Hochschulefertigen können. Wein und Käse sind schon im Gepäck und ich werde auf dem Nachhauseweg bei Euch das Deputat vorbeibringen. Die Skizzen diskutieren wirlieber mal in den nächsten Wochen bei Euch oder bei uns im Garten. Vorerst: Bester Gruß an Dich und Barbara von den 2B
Epilog 6: Claix, 03.03.2009
Lieber Gerhart, nun sind schon über 100 Art Lausitz Bilder entstanden. Langsam lohnt sich das zählen. In Öl, Aquarell oder per Druck. Die Galerie via Homepage ist gut besucht und wir haben uns im vergangenen Sommer mit Studenten zum Nachahmen gefunden. Das Motivvor Klettwitz kennst Du ja. Das Vorhaben mit der Musikschule ist grandios. Ich habe provoziert und die Quittung bekommen. Das ehrt. Also weiter geht es. Motive gibt es genug und auch Farben aus der Lausitz. Wie auch immer freue ich mich auf den Sommer, was bedeutet, sich einmal mit Winterbildern in ArtLausitz auseinander zu setzen. Herzlicher Gruß an Euch, die 2 B
Monolog: Meuro, 20.02.2010
Lieber Gerhart, nun bist Du viel zu schnell gegangen. Vielleicht schaust Du zu uns herunter und gibst uns Mut und Kraft weiter zu machen, aber auch wertvolle Tipps. Du hast mich darin bestärkt, die Ziele des Lebens nicht aus den Augen zu lassen und so ist jeden Donnerstag Maltag, wenn es geht. Und ich oder wir gedenken Dein, mit oder ohne Palette, mit oder ohne Käse und Wein aus Korsika oder dem Ocker aus Roussillion. Es ist einfach „Art Lausitz“ – Maltag mit den Motiven und Farben der Lausitz und Du hast den Ehrenplatz unter uns.
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Verzeichnisse/ Quellen:
[1] Füller, M.: „Ingenieure sehen rot“ in: akzente; 11. Jahrgang, 01/2006, S. 28 ff.
[2] Langner, J.: „Nochten aus Tzschelln“ in Lausitzer Rundschau, 23.11.2006.
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Tab. 1: Mögliche Farben für Ölmalerei in Art Lausitz
Farbe | Referenzfarbe | Grundstoff | Behandlung | Eigenschaften |
weiß | Zinkweiß | Kreide | | leicht basisch |
schwarz | Knochenschwarz Eisenschwarz | Holzkohle | Mahlen | oxidiert |
rot | Eisenrot | Raseneisenerz „Nochten Rot“ | Mahlen, Schlämmen, Tr. | Farbe variiert [2] |
ocker | Ocker | Ocker Eisenocker | Aufschlämmen, Trocknen | Farbe variiert |
violett | Manganviolett | | | z. Z. noch keine Lösung |
gelb | Eisengelb | Ocker „Nochten Gelb“ | Aufschlämmen, Trocknen | [2] |
grün | Grünerde | | | z. Z. noch keineLösung |
blau | Preussischblau | Raute ? | | z. Z. noch keineLösung |
braun, dunkel | Kassler c Braun | Braunkohle | Mahlen, Schlämmen, Tr. | |
braun, hell | gebr. Siena | gebr. Lehm | | Ziegel, Genahlen |
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